Die Crenicichla des Rio Xingú
Jens Gottwald in Aquaristikfachmagazin Ausgabe 193
Der aus sieben Quellen gespeiste Klarwasserfluss Rio Xingú entspringt in den brasilianischen Steppen Serra do Roncador und Serra Formosa im Bundesstaat Mato Grosso. Der pH-Wert liegt mit 6,5 im leicht sauren Bereich, die Leitfähigkeit bei ca. 25 µS/cm2. Bei Altamira konnte ich eine Wassertemperatur von 33,5°C an der Wasseroberfläche messen, bei Vitoria do Xingú waren es dagegen nur noch 27,5°Crenicichla Auf seinem ca. 1800 km langen Weg in den Amazonas nimmt der Xingú die großen Nebenflusse Rio Fresco und Rio Iriri auf. Der Oberlauf des Xingú beherbergt eine endemische Fauna, die er allerdings teilweise mit dem Oberlauf des Rio Araguaia teilt, denn einige der Quellflüsse des Araguaia gehörten früher zum Einzug des Xingú. In diesem Abschnitt des Flusses lebt Crenicichla rosemariae, ein Vertreter der Crenicichla-lugubris-Gruppe, der in der wissenschaftlichen Beschreibung in die Nähe von Crenicichla johanna gestellt wurde. Die vormals als Crenicichla "snowwhite" bezeichnete Art zeigt einen starken Sexualdimorphismus. Auf grünlichem Untergrund sind die Männchen übersäht mit roten Tüpfeln, während die Weibchen keinerlei Tüpfel aufweisen, dafür aber die Bauchregion kräftig orange präsentieren. Von der bisher noch nicht lebend eingeführten Art, ist eine Mindestgröße von 35 cm zu erwarten. Die von Frank WARZEL benutzte Bezeichnung "Bachforellencreni" beschreibt die Erscheinung dieses Fisches sehr gut.
Im Bereich von Sao Felix do Xingú fanden Uwe WERNER und Mitreisende Crenicichla phaiospilus und Crenicichla sp. "Xingu III". Hierbei handelt es sich ebenfalls um zwei endemische Vertreter des Crenicichla-lugubris-Komplexes. Der schwarze Crenicichla sp. "Xingu III" wird laut Aussagen von Fängern ausschließlich nachts geangelt. Sollten die Tiere jedoch auch tagsüber auf Beutesuche gehen, so wäre ihre Färbung bei den teilweise schwarzen Felsformationen des Xingú eine hervorragende Tarnung. Die rote Grundfarbe im Erwachsenenalter von Crenicichla phaiospilus deutet auf eine Lebensweise als schneller wendiger Jäger hin. Jungtiere besitzen fünf Flecke auf grauem Untergrund. Sie mischen sich zum Beutefang unter relativ harmlos erscheinende, ähnlich gefärbte Teleocichla-Arten. Auch diese beiden Arten erreichen eine Endgröße von ca. 35 cm.
Im Bereich um Altamira kommen auch Vertreter von anderen Crenicichla-Gruppen vor. Zwar gibt es mit Crenicichla johanna, Crenicichla marmorata, Crenicichla percna, Crenicichla sp. aff. lugubris "Xingú II" und Crenicichla sp. "Xingú I" noch Vertreter der Crenicichla-lugubris-Gruppe, aber auch aus der Crenicichla-saxatilis- und der Crenicichla-wallacei-Gruppe konnten Tiere nachgewiesen werden. Aufgrund der Scheckenzeichnung wird Crenicichla percna verbringt einen Großteil des Lebens als Lauerräuber. Im Aquarium lässt sich das allerdings kaum beobachten. Crenicichla sp. "Xingu I" ist durch die Signalfarben gut sichtbar. Es kann sich nur um einen wendigen Räuber handeln, der schneller als seine Beute schwimmt. Die kräftig orange Jungfischfärbung ist weithin gut sichtbar. Ich beobachtete ein Weibchen, das mehr als zweihundert Jungfische in 6 cm Größe durch starke Strömung führte. Dort scheint es wenig potenzielle Fressfeinde zu geben.
Crenicichla sp. aff. lugubris ist als Jungfisch extrem spitzköpfig und grau gefärbt. Erst erwachsene Tiere erscheinen ansprechend rot. Jedoch beiweiten nicht so kräftig, wie bei Crenicichla sp. "Xingú I". Crenicichla johanna ist die wohl am weitesten verbreiteste Art. Die Variante des Rio Xingú besitzt eine steingraue Grundfärbung, jedoch färbt sich bei den Weibchen der Rückenflossensaum kräftig rot, so dass diese Art ein interessantes Farbspiel präsentiert. Auch die Crenicichla-marmorata-Variante dieser weit verbreiteten Art aus dem Xingú ist mit einer Reihe aus orange-roten Flecken im Rückenbereich eine wahre Augenweide. Die Weibchen zeigen einen leuchtend weißen Saum in der Rückenflosse. Leider färben sich die Tiere erst mit mindestens 25 cm Größe um. Deshalb hat man als Aquarianer zwischen der ansprechenden Jugendfärbung und der plakativen Erwachsenenfärbung eine Durststrecke von mindestens anderthalb Jahren zu überbrücken. Mit 35 cm Endgröße werden auch diese fünf Arten sehr groß.
Sie bewohnen den Hauptfluss, der einen steinigen dunkel gefärbten Untergrund aufweist. Es gibt sowohl Geröllhalden mit runden Findlingen, als auch schroffe pechschwarze zerklüftete Steinformationen. Hier finden die Hechtbuntbarsche ausreichend Laichsubstrate. Mit Crenicichla sp. aff. urosema "Xingu" haben wir einen Crenicichla-Zwerg in diesem Bereich des Flusses. Die Art bewohnt die strömungsarmen Buchten und kleinen Bäche der Region. Aufgrund ihres kleinen Maules ernähren sich diese Fische offenbar von Insektenlarven und frisch geschlüpfter Jungbrut. Diese bis 12 cm große Art hat zum Teil gelbliche Flossen und die Rückenflosse der Weibchen zeigt einen schwarzen Halbbogen, ein typisches Merkmal für den Crenicichla-urosema-Komplex ist. Die Fische bilden ein breites dunkles Längsband von der Schnauzenspitze bis zum Schwanzwurzelfleck aus. Im Rückenbereich erscheinen bei Erregung acht Querbinden.
Die mittelgroßen Vertreter der Crenicichla-saxatilis-Verwandtschaft sind in diesen Bereich mit zwei Arten vertreten. Eine besitzt sowohl im männlichen als auch im weiblichen Geschlecht kaum Glanzflecken auf den Körperseiten. Der Schulterfleck hat noch einige verwaschen sichtbare Ringmuster. Ich spreche diesen wahrscheinlich bis 22 cm großen Fisch vorerst als Crenicichla sp. aff. lepidota "Xingu" an. Eine zweite Art, die etwas größer wird und mindestens 25 cm in männlichen Geschlecht erreicht, ist deutlich attraktiver gefärbt. Das Männchen ist mit Glanzschuppen überzogen, die auf dem grünlichen Untergrund stark hervortreten. Der Schulterfleck ist deutlich hell eingerahmt. Selbst die Weibchen zeigen einige Glanzflecke. Der relativ große Schulterfleck ist zur Schnauze hin eingekerbt. Die Kiemendeckel sind gelblich und der Bauch beginnt zur Laichzeit wie von innen heraus rosa zu leuchten. Diese Art möchte ich als Crenicichla sp. aff. saxatilis "Xingú" bezeichnen. Sie bewohnt bevorzugt die Bäche im Umkreis von Altamira (bisher konnte ich hier entweder Crenicichla sp. aff. lepidota oder Crenicichla sp. aff. saxatilis nachweisen). Diese Arten kommen in kleinen Bächen, sogenannten Igarapes, vor. Bereits zwei Stunden nach einem Regenschauer hat sich ihr Wasserspiegel deutlich angehoben und das Wasser eine lehmigtrübe Grundfärbung angenommen.
Bei Vitoria do Xingú befindet man sich bereits im amazonischen Bereich des Rio Xingú. Etwa 60 km hinter den letzten Barrieren (Stromschnelle Grande cachoeira) findet man hier überwiegend amazonische Arten. Von den bereits genannten Hechtbuntbarschen haben es Crenicichla johanna, Crenicichla marmorata und Crenicichla sp. aff. lugubris bis hierher geschafft. Crenicichla sp. aff. saxatilis scheint aber bereits einer anderen Art anzugehören.
Ein typischer amazonischer Vertreter ist Crenicichla regani. Die Variante von hier trägt im weiblichen Geschlecht nur einen Dorsalfleck. Kräftige Rotfärbung in der Rückenflosse, wie sie von anderen Standortvarianten bekannt ist, sucht man hier vergeblich. Diese Art kommt in den Flachwasserzonen ohne Strömung häufig vor. Der Untergrund besteht aus einem feinen hellen Sand ohne nennenswerte Häufungen von Steinen oder Totholz. Der bis an den Flusslauf heranreichende Wald wird während der Regenzeit großflächig überflutet und bietet durch seine Struktur ausreichend Platz und Laichsubstrate.










Literatur:
BLEHER, H.(2006): Blehers discus.Volume I.- Aquapress Publishers,Miradolo Terme
Jens Gottwald
Artikel als PDF: Die Crenicichla des Rio Xingú